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Innovative Ideen, fehlendes Kapital? Ein Blick auf Deutschlands MedTech Start-ups

17.11.2021

Deutschland ist der größte Standort für Medizintechnik innerhalb Europas und die Branche befindet sich im technologischen Umbruch. Digitale Lösungen wie Telemedizin oder Künstliche Intelligenz (KI) erschließen neue Potenziale, doch es mangelt es vor allem in der deutschen Start-up-Szene an Risikokapital. Wo liegen die Chancen und Hürden? Die MedTech-Branche zählt zu den innovativsten Branchen in Deutschland und verzeichnet ein enormes Wachstum. Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums fallen rund 400.000 verschiedene Produkte für Chirurgie, Diagnostik, OP-Material und vieles mehr in diesen Bereich. Dabei werden klassische Lösungen stetig um digitale Systeme und datengetriebene Modelle erweitert: Die Auswertung und Nutzung von Gesundheitsdaten ermöglicht es beispielsweise, genauere Diagnosen zu erhalten, eine bessere Präventivmedizin zu gewährleisten oder Krankheitsverläufe vorherzusagen. Eine positive Entwicklung, die sich auch im Science4Life Businessplan-Wettbewerb widerspiegelt: Zunehmend entwickeln junge Start-ups Lösungen, die auf KI oder Daten basieren und die MedTech-Branche nachhaltig transformieren. Telemedizin: Trend in der MedTech Branche Besonders zu Beginn der Corona-Pandemie hieß die Devise: Zuhause bleiben. Auch die MedTech Branche hat sich entsprechend angepasst, denn vor allem die Telemedizin erlebte einen richtigen Aufschwung. Während sich der Trend schon länger abgezeichnet hat, waren vor allem Videochats mit dem Arzt besonders stark gefragt. Insbesondere in ländlichen Regionen ermöglicht eine digitale Sprechstunde auch über die Pandemie hinaus eine bessere medizinische Versorgung, denn Menschen erhalten einfach von Zuhause aus Zugang zu in der Stadt angesiedelten Spezialisten. Darüber hinaus liefern Telecare-Produkte auch neue Lösungen im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung in Deutschland. Hier hilft MedTech, den Bedürfnissen einer steigenden Anzahl an älteren und multimorbiden Menschen gerecht zu werden. Über Wearables oder digitale Plattformen kann der Gesundheitszustand dauerhaft überwacht werden – auch Informationen wie der Blutzuckerwert, Blutdruck oder der Puls können zum Beispiel über Armbänder oder Manschetten gemessen werden. So ist in Notsituationen sofortige Hilfe möglich, denn Pflegeanbieter erhalten einen Alarm und können unmittelbar reagieren. Daten als Basis für MedTech Lösungen Auch im MedTech-Bereich ist es vor allem die Digitalisierung, die neue Entwicklungen begünstigt. Das ergibt sich daraus, dass immer mehr High-Tech Geräte in der Lage sind, Daten zu sammeln – diese Daten können dann im nächsten Schritt aufbereitet, ausgewertet und zur Entwicklung neuer datengetriebener Lösungen eingesetzt werden. Ob digitale Therapie oder KI-gestützte Diagnostik – das Ziel der Datennutzung liegt immer darin, neue Erkenntnisse zu gewinnen und Patienten zu helfen. Rückschlüsse auf Einzelpersonen sind hierbei nicht möglich, denn die Daten werden anonymisiert gespeichert und sind nur ab einem gewissen Volumen auch aussagekräftig. Erst mit einer ausreichenden Datengrundlage können dann Lösungen entwickelt werden, die es beispielsweise ermöglichen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen, Verläufe vorherzusagen und Gegenmaßnahmen zu treffen. Auch weitere Anwendungsmöglichkeiten existieren bereits oder befinden sich in der Entwicklung – reproduzierfähige 3D-Modelle von Gewebe oder Organen, Nanotechnologie, Epigenetik oder Quantum Computing schreiten immer weiter voran. Simulationsumgebungen durch IoMT Ein weiterer Trend im MedTech-Bereich liegt in der intelligenten Vernetzung verschiedener medizinischer Geräte. In diesem Internet of Medical Things (IoMT) können Geräte intelligent miteinander kommunizieren und MedTech-Unternehmen neue Potenziale erschließend. Die technische Voraussetzung dazu liegt neben entsprechender Hardware vor allem auch im Einsatz passender Software-Lösungen, die mit allen Geräten – unabhängig vom Hersteller – funktionieren. Auch hier werden große Mengen an Daten generiert. Diese können dann entweder zu Analysezwecken eingesetzt werden oder genutzt werden, um möglichst realitätsnahe Simulationsumgebungen zu schaffen. Solche Umgebungen ermöglichen es beispielsweise, eine Operation zu simulieren, verschiedene Szenarien durchzuspielen und Komplikationen schon vorab in einer virtuellen Umgebung zu entdecken und in der tatsächlichen Operation zu vermeiden. Im Bereich Virtual Reality ist aber noch weitaus mehr möglich: Hier können komplette Welten erschaffen werden, die es Gesundheitspersonal ermöglichen, verschiedene Szenarien virtuell zu testen. Über eine Datenbrille werden Organe oder Geräte in Lebensgröße nachgebildet. Das Personal kann so kritische Operationen bereits am virtuellen Objekt durchführen oder sich an neuen Geräten schulen. Auch Augmented Reality findet in der MedTech-Branche bereits Einsatz. Hier werden verschiedene virtuelle Objekte in eine reale Umgebung eingeblendet. So kann sich Gesundheitspersonal beispielsweise Informationen zur Behandlung, dem Krankheitsverlauf oder der Therapie eines Patienten anzeigen lassen. Risikokapital – Hürde für MedTech Start-ups? Innerhalb Europas ist Deutschland – gemessen am Umsatz – führend im Bereich Medizintechnik. Von 95 Milliarden Euro Gesamtumsatz kommen 32 Milliarden Euro aus Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Das liegt auch an den guten Voraussetzungen der Branche: Deutschland bietet als MedTech Standort gut ausgebildete Fachkräfte, Wissenschaftler und Ingenieure und eine gute Infrastruktur. Laut dem Branchenbericht Medizintechnologien 2020 von BVMed verzeichnen deutsche Medizintechnikhersteller rund ein Drittel ihres Umsatzes mit Produkten, die weniger als drei Jahre alt sind. Das zeigt die hohe Innovationskraft der Produkte. Damit Deutschland seine Vorreiter Rolle auch weiterhin international verteidigen kann, benötigt es aber vor allem bessere und höhere Finanzierungen sowie mehr Mut zur Entwicklung und Finanzierung digitaler und datengetriebener Lösungen. Zwar beweisen sich vor allem Start-ups hier als wirkliche Innovationstreiber, bleiben im internationalen Vergleich trotzdem noch zurück. So wurden in der ersten Jahreshälfte 2021 weltweit 20 Milliarden Dollar in den MedTech-Bereich investiert – allerdings nicht in den Standort Deutschland. Das liegt vor allem an der fehlenden Risikobereitschaft von Kapitalgebern. Auch die lange Entwicklungszeit von MedTech-Lösungen bis zum Return-on-Invest sind Argumente. Dabei sind insbesondere junge Unternehmen auf Venture Capital angewiesen, um den hohen Forschungs- und Entwicklungsaufwand finanzieren zu können. Quellen: https://www.devicemed.de/medizintechnik-standort-deutschland-staerken-a-1030005/ https://www2.deloitte.com/de/de/pages/life-sciences-and-healthcare/articles/life-science-and-health-care-predictions-2025.html BVMed: Branchenbericht MedTech 2021

Wie Künstliche Intelligenz unsere Zukunft verändern kann – Ein Blick auf KI Start-ups, die neue Wege gehen

06.09.2021

Die digitale Evolution schreitet mit immer größer werdenden Schritten voran. Technologien, die gestern noch als „Spielereien“ abgestempelt wurden, sind heute Status quo. So ist beispielsweise Künstliche Intelligenz (KI) schon tief in unserem Alltag implementiert und hilft als Sprachassistent à la Alexa, Siri & Co. KI kann den Menschen unterstützen und ihm die Arbeit erleichtern. Alles in allem eine mehr als beeindruckende Technologie, die auch eine große Rolle im Science4Life Businessplan-Wettbewerb einnimmt. Denn viele Start-ups nutzen sie auf verschiedenste Weise für ihre Projekte. Einige von ihnen haben revolutionäre Ideen, die den Markt für immer verändern könnten. Künstliche Intelligenz: Start-up Ideen für neue Standards in der Diagnostik Im Jahr 2019 belegte die Mediaire GmbH den ersten Platz im Science4Life Venture Cup. Ihre Idee soll den Alltag von Radiologen um ein Vielfaches erleichtern: Oftmals können kleinste, kaum erkennbare Veränderungen des Gehirns schwerwiegende Auswirkungen haben. Diese zu finden ist jedoch höchst zeitaufwendig und lässt sich im Radiologen-Alltag kaum zuverlässig durchführen. Mit der von Mediaire eigens entwickelten KI-Software „mdbrain“ können neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose früher erkannt werden. Nach diversen Updates brachte das Start-up im Mai das weltweit erste KI-Werkzeug zur Erkennung von Aneurysmen heraus. Damit kann verhindert werden, dass Aneurysmen platzen und dadurch Hirnblutungen vorgebeugt werden. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch Goethe CVI. Mit ihrer Software „Approaches“ holte sich das Start-up den dritten Platz der Businessplanphase des Science4Life Venture Cup 2021. Im Gegensatz zu mdbrain fokussiert sich Approaches nicht auf das Gehirn, sondern das Herz – ein KI-basiertes Tool zur Automatisierung von Herzuntersuchungen. Implementiert soll damit Magnetresonanztomographie (MRT) Massenmarkt-tauglich werden und Prävention für Herzerkrankungen gewährleistet sein. Aber nicht nur Fachärzten kann ihre Arbeit mithilfe von KI-gestützter Software erleichtert werden. Eye2you gewann in der Konzeptphase des Science4Life Venture Cup 2021 mit einer Idee, die monatelange Wartezeiten bei Augenärzten in Zukunft aus der Welt schaffen könnte. Das Start-up entwickelt eine Smartphone-basierte Lösung auf Grundlage von Künstlicher Intelligenz. Diese nimmt Netzhautbilder auf, welche automatisch analysiert und ausgewertet werden und gibt einen ausführlichen Bericht aus. So könnten in Zukunft auch Allgemeinmediziner komplexe Untersuchungen der Netzhaut einfach während eines Routine-Checkups durchführen. Werden Netzhautuntersuchungen derart flächendeckend angeboten, trägt das zur Prävention von Augenleiden wie Grünem Star oder altersbedingter Makuladegeneration (AMD) bei. So können zum einen in Ländern wie Deutschland regelmäßige Netzhautuntersuchung praktisch überall angeboten und zum anderen diese in Entwicklungsländern einer breiten Masse an Menschen kostengünstig und schnell zugänglich gemacht werden. Die Künstliche Intelligenz entlastet hier nicht nur den Spezialisten, sondern erschließt neue Wege, um Erkrankungen weltweit vorzubeugen. So vernetzen Start-ups mit Künstlicher Intelligenz die Pharma-Branche Für die Behandlung der meisten Krankheiten sind Medikamente unerlässlich. Nun ist nicht nur die Vielfalt der Pharmazeutika kaum überschaubar, sondern auch die Marktplätze, auf denen sie zu erwerben sind. Durch Algorithmen Transparenz auf diesen Märkten erzeugen – mit dieser Idee schaffte es die Qyobo GmbH 2019 unter die Gewinner des Science4Life Venture Cup. Ihre Plattform analysiert Preise sowie Verfügbarkeit von pharmazeutischen Wirkstoffen und Chemikalien, um Einsichten in die Märkte anderer Länder, Hersteller und Einkäufer zu bekommen und diese zu vernetzen. Ähnlich wie in sozialen Medien oder Dating Apps erkennt der Algorithmus passende Partner und „matcht“ diese mit dem eigenen Firmen-Portfolio. So können fremde Märkte über neue Partnerschaften erschlossen und eine ganzheitliche Transparenz des globalen Handels mit Pharmazeutika geschaffen werden. Mit Künstlicher Intelligenz zum perfekten Wein und Trinkwasser Aber KI geht auch anders: Bei der Herstellung von Wein oder dem Brauen von Bier verrichten Hefen einen großen Teil der Arbeit: Durch sie entstehen sowohl Alkohol als auch Geschmack. Um den Hefeanteil zu bestimmen, wird bis heute eine sogenannte „Zählkammer“ genutzt, in der die einzelnen Hefezellen manuell ausgezählt werden. Abhilfe schaffen hier die Systeme von Oculyze. Das Start-up verbindet die Funktion eines klassischen Mikroskops mit Künstlicher Intelligenz und Deep Learning. So können Hefen vollautomatisch ausgezählt werden und das System lernt bei deren Erkennung kontinuierlich dazu. Ist die Anzahl der Hefen und deren Lebend-Tot-Anteil bestimmt, können diese Informationen genutzt werden, um den Kellerei- oder Brauprozess zu optimieren. Diese Technologie kann jedoch auch über die Grenzen des Alkoholgenusses hinaus genutzt werden. Das 2016 gegründete Unternehmen entwickelt sowohl ein Diagnosewerkzeug zur Erkennung von subklinischer Endometritis bei erkrankten Milchkühen, als auch ein Trinkwasser-Monitoring, das zur Überwachung der Wasserqualität eingesetzt werden kann. Zudem konnte Oculyze ihre Lösung auch bei einer Vollblutanalyse, der Erkennung von Parasiten und einigen weiteren Einsatzbereichen erfolgreich erproben. So sieht die Zukunft von Künstlicher Intelligenz dank Start-ups aus Trotz der sich schnell weiterentwickelnden KI-Technologien arbeiten viele Fachbereiche nach wie vor mit klassischen Methoden. Einige der Science4Life-Alumni haben hier bereits viel bewirkt und mit Hilfe von KI-Systemen völlig neue, effiziente Arbeitsweisen geschaffen. Anhand dieser Start-ups lässt sich erahnen, was die Zukunft mit sich bringen könnte. Denn die selbstständig arbeitenden Systeme haben enormes Potential, um den Healthcare-Sektor grundlegend zu verändern. So könnte beispielsweise dem Fachärzte-Mangel vorgebeugt oder Behandlungen perfekt abgestimmt werden. Von der dystopischen Vorstellung, Künstliche Intelligenz würde den Menschen gänzlich ersetzen, sind wir wahrscheinlich noch weit entfernt, tiefgreifend unterstützen können die Systeme aber bereits heute schon!

Interview mit Dr. Joerg Traub: „Nicht die Finanzierung ist der Erfolg, sondern zufriedene Nutzer.“

05.08.2021

Erklären Sie uns doch bitte kurz Ihr Geschäftsmodell. Die intraoperative Bildgebung von SurgicEye war ein Gerät, das einmal gekauft wurde sowie Verbrauchsmaterialien, die pro Anwendung verwendet wurden. Zudem hatten wir Serviceverträge für alle von unseren ca. 50 Installationen am Markt. Um die Investitionskosten und damit verbundenes Risiko für die klinischen Partner zu reduzieren, haben wir relativ schnell auch ein Leasingmodell angeboten, was unseren Sales Cycle deutlich verkürzte. Wie ging es bei SurgicEye nach der Gründung weiter? Erzählen Sie uns bitte Ihre Geschichte. Nach der Gründung Mitte 2008 erhielten wir zu Ende des Jahres eine Seed-Finanzierung des HTGF und der Bayern Kapital, um den Prototyp aus dem Labor für den klinischen Einsatz fit zu machen, inklusive dem Aufbau eines QM-Systems und der Zertifizierung des Produkts. Ende 2009 konnten wir eine Series-A mit Business Angels und der Bayern Kapital realisieren. Kurz darauf hatten wir auch die ersten klinischen Installationen und drei aufeinanderfolgende Jahre jeweils gut 1 Million Euro Umsatz. Was war der größte Erfolgsmoment Ihres Start-ups? Der Team Spirit, wenn Projekte funktioniert haben, u.a. die Vertriebsprojekte in die forschende Onkologie. Häufig resultierten daraus auch EU- oder Bundes -Forschungsförderungen. Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass etwas nicht wie geplant läuft? Wir haben schon sehr früh gemerkt, dass unser System nur für die klinische Forschung und nicht in der Routine eingesetzt wird. Wir hatten die Hoffnung, dass wir die richtige Anwendung finden oder die Anwendung durch klinische Daten nachweisen können. Im sechsten Jahr versuchten wir nochmals einen größeren Pivot und dann kam das verflixte siebte Jahr, bei dem die Luft bzw. die Hoffnung ausging. Wie sind Sie damit umgegangen? Wir waren sehr transparent, haben alle Partner ehrlich informiert und nach Lösungen gesucht. Wir haben das Team von über 20 Personen auf 6 Mitarbeiter reduziert, von Hardware auf reine Softwareprodukte umgestellt und eine langfristige Kooperation mit einem internationalen börsennotierten Unternehmen abgeschlossen. Hier haben großartige Mentoren aus dem Business Angel Netzwerk sehr gut unterstützt und uns die nötige Kraft gegeben. Was würden Sie heute anders machen? Nicht von der Technologie in den Markt gehen (Technology Push) sondern vom Markt aus die Technologie suchen (Need Pull).  Oder alternativ die Firma als Forschungsfirma aufbauen und nicht mit den Ambitionen der klinischen Routine, zumindest nicht als primäre Lösung. Welche Learnings können Gründer aus Ihren Erfahrungen ziehen? Nicht die Finanzierung ist der Erfolg, sondern Nutzer, die das Produkt oder den Service weiterempfehlen. Alle im Unternehmen sind Partner, die Gesellschafter und Investoren, aber auch die Mitarbeiter und Kunden – alle waren auf der gemeinsamen Suche nach einer Lösung. Wo stehen Sie heute und was planen Sie für die Zukunft? Ich habe mein früheres Hobby, Leute vernetzen, zum Beruf gemacht. Als Leiter Gesundheit bei der Bayern Innovativ und dem Forum Medtech Pharma e.V. kann ich meine Erfahrung weitergeben. Zudem bin ich mit einem Netzwerk an Medizinern an Unternehmen in Frühphasen beteiligt und stehe ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Derzeit ist mein Fokus, gemeinsam mit vielen anderen, unseren Standort in Deutschland als führenden Anbieter von Innovationen u.a. auch digitalen Lösungen weiterzuentwickeln, um die Gesundheit zu verbessern und nachhaltig am Standort die gesamte Wertschöpfung in der Gesundheit zu behalten. Wie stehen Sie heute zu Ihren Erfahrungen? Ich bin dankbar, dass mir so viele das Vertrauen entgegen gebracht haben, um eine eigene Idee zusammen mit meinem Gründungspartner Thomas Wendler umsetzen zu können. Dadurch habe ich wahnsinnig viel gelernt, konnte das Gelernte in der Praxis anwenden und ein großes Netzwerk aufbauen. Es gibt einige wenige, die die gesamte Bandbreite von Translation über die High-Tech-Idee bis zum Geschäftsmodell in der Praxis kennengelernt haben. Bitte erzählen Sie uns noch kurz etwas über sich und Ihre Vita Nach der Promotion in der Medizininformatik habe ich direkt das Unternehmen SurgicEye gegründet und dies über 10 Jahre als CEO geführt. Danach war ich für das Medizinrobotik-Unternehmen iSYS für die Geschäftsentwicklung und internationale Kooperationen zuständig. Seit März 2020 bin ich bei der Bayern Innovativ als Leiter des Bereichs Gesundheit tätig. Viel Neues lerne ich auch bei den Aktivitäten mit der Familie, der Frau und den beiden Söhnen kennen.

Watchlist: Das machen die Science4Life Alumni heute

21.07.2021

Die Start-up-Branche wächst Jahr für Jahr und trotz Krise steigen die Zahlen der neugegründeten Unternehmen weiter – 2020 stieg die Zahl um 13% zum Vorjahr. Vor allem die Healthcare- und Chemie-Start-ups erlebten im Corona-Jahr 2020 einen regelrechten Boom. Auch viele unserer Science4Life-Alumni leisten einen großen Beitrag für eine vernetzte und nachhaltigere Zukunft. In puncto Forschung zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sind einige der Start-ups sogar ganz vorne mit dabei und stecken mitten in fortgeschrittenen Studien für Impfstoff und Medikamente. Doch nicht nur im Healthcare-Segment sind die Alumni stark gewachsen. Hydrogenious arbeitet an einem Weltrekord in puncto Umweltschutz und yuri ist zur ISS gestartet. Die spannendsten Entwicklungen im Überblick: Atriva entwickelt Covid-19 Medikament Das 2015 gegründete Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, anti-virale Therapien zur Behandlung von Infektionskrankheiten zu entwickeln und errang zuletzt große Fortschritte in der Forschung für ein Medikament zur Behandlung von Covid-19. Im Gegensatz zum Impfstoff soll der Arzneimittelkandidat bereits erkrankte Patienten therapieren und ebenso bei mutierten Viren Wirkung zeigen. Ihr ATR-002 soll vor allem bei schwer erkrankten Patienten eingesetzt werden und zusätzlich Langzeitschäden („Long Covid“) verhindern. Momentan befindet es sich in RESPIRE1, einer klinischen Studie mit 220 Patienten. Atriva begründete zusammen mit weiteren Unternehmen die „BeatCov“-Initiative, ein Zusammenschluss von Biotech Unternehmen, um schnell und wirksam gegen die globale Pandemie vorgehen zu können.  Weltrekord für den Umweltschutz Das Erlanger LOHC-Technologie Unternehmen Hydrogenious erhielt im März Fördergelder in Höhe von 9 Millionen Euro vom Land NRW. Diese sollen das Start-up beim Bau der weltweit größten Anlage zur Speicherung von grünem Wasserstoff unterstützen. Damit ist ein großer Schritt getan, um die grüne Alternative als nachhaltigen Kraftstoff zu etablieren. Bisher lag die Problematik sowohl in der risikoreichen Speicherung, als auch in den geringen Speichermengen der Anlagen. So soll der Komplex in Dormagen nach Fertigstellung die 20-fache Menge des in üblichen Anlagen gespeicherten Wasserstoffs sicher aufbewahren können. Die Projektleitung übernimmt die in Krefeld ansässige Tochterfirma von Hydrogenious, LOHC Industrial Solutions NRW. Zudem soll mit dem Co-Investor Royal Vopak eine Projekterweiterung geplant sein, die eine Lieferkette für grünen Wasserstoff bis nach Rotterdam ermöglichen soll. yuri fliegt zur ISS 2020 überzeugten die Gründer von yuri und räumten den Ersten Platz im Businessplan-Wettbewerb ab. Inzwischen startete eines ihrer Experimente bereits via SpaceX-Rakete zur ISS. Ziel des Start-ups ist es unter anderem, Medikamentenentwicklung durch Schwerelosigkeit zu revolutionieren und in absehbarer Zeit Organe im Weltraum zu züchten. Dazu soll zunächst weitaus mehr Forschung im All ermöglicht werden. Zurzeit bietet das junge Unternehmen aus dem Bodenseekreis vor allem ihr „Lab as a Service“ an und organisiert die Forschungsflüge in den Weltraum für Institute und Pharma-Unternehmen.  So werden hierfür auch ihre eigens entwickelten Minilabore zur Verfügung gestellt, welche in kommenden Flügen unter anderem Experimente der Berliner Charité und der Goethe Universität Frankfurt beherbergen sollen. Pionierkraft vor dem Markteinstieg Zwischen der Wende hin zu mehr erneuerbaren Energien und dem Anstieg der Strompreise entstand die Idee der drei Pionierkraft-Gründer. Das Start-up konstruierte eine Hardware, die es ermöglicht, den aus Photovoltaik-Anlagen gewonnenen Strom von Privathaushalten zu teilen. Hierbei wird der Energiefluss wirtschaftlich optimiert und abhängig von Erzeuger und Verbrauch zwischen mehreren Nachbarhaushalten gesteuert. Somit sollen Überschüsse effizient genutzt und mehr Menschen der Zugang zu sauberer und bezahlbarer Energie ermöglicht werden. Im Mai hat das Start-up alle Tests zur CE-Zertifizierung erfolgreich bestanden und mit den Vorbereitungen zum Fertigungsprozess begonnen. Der Markteinstieg ihres PIONIERKRAFTwerks rückt damit in greifbare Nähe. Update bei KI-Software von mediaire Künstliche Intelligenz gehört mittlerweile zu unserem Alltag. Das Berliner Jungunternehmen mediaire will sie auch in den Alltag von Radiologen integrieren und damit ihre Arbeit erleichtern. Diese können mit der Software mdbrain ihre Befunde verbessern und Krankheiten wie Multiple Sklerose frühzeitig erkennen. Im Mai stellen sie die Version 4.0 von mdbrain vor, die, als weltweit erste KI, Aneurysmen automatisch erkennt. Das Risiko einer auftretenden Hirnblutung und den damit verbundenen, teils schwerwiegenden Folgen, kann somit minimiert werden. Algenbilder und nachhaltige Fassaden Das Berliner Start-up Solaga räumte in der Ideenphase 2017 bei uns ab. Ihr „Algenbild“ filtert Schadstoffe aus der Luft und sorgt für mehr Luftzirkulation sowie dauerhaft frische Raumluft. Die Algen nehmen Schadstoffe auf, binden und zersetzen diese. Heraus kommt: Frischere Luft! So wird gleichzeitig Strom für Belüftungsanlagen oder ähnliche Geräte gespart und eine leere Wand damit geschmückt. Es ist also kaum eine Überraschung, dass Solaga für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 in der Kategorie Design nominiert ist – wir drücken die Daumen! Zudem kündigten sie im Juni an, ein Projekt zum Thema „Oberflächenfunktionalisierung durch nachhaltige Fassaden“ durchzuführen, um damit Feinstaub, CO2, wie auch anderen Schadstoffen in Städten entgegenzuwirken. Unterstützung im Kampf gegen Neurodermitis Die Neurodermitis-App NIA hilft Neurodermitis-Patienten bei ihren täglichen Herausforderungen. Schubverläufe können dokumentiert und Auslöser somit schneller ermittelt werden. Die Ergebnisse fasst die App zudem in einem Reporting zusammen und erleichtert somit das Gespräch zwischen Patient und Arzt. Seit Anfang des Jahres kooperiert das Start-up mit dem Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) und beide profitieren von der gegenseitigen Expertise im Umgang mit der Krankheit. Die als Medizinprodukt der Klasse 1 zugelassene App bekam im Juni weitere Unterstützung durch Sanofi Genzyme. Im Rahmen des Sponsorings soll die Weiterentwicklung vorangetrieben und damit ein noch größerer Beitrag zur Bekämpfung von Neurodermitis geleistet werden können.  

So viele Teilnehmer gab es noch nie: Das sind die Gewinner der Businessplanphase!

28.06.2021

In Life Sciences und Chemie gewinnen Nephrolytix, RECTECH, GOETHE CVI, LIDROTEC, EpiBlock, InContAlert, NanoStruct, NEUREVO, PRAMOMOLECULAR und ProSion den Science4Life Venture Cup. Die Energie-Start-ups Airstier Technology, suena und innocept überzeugen die Jury des Science4Life Energy Cup. Rekord! Mit 88 Einreichungen war die Science4Life Businessplanphase 2021 die erfolgreichste seit der Gründung vor 23 Jahren. Doch nicht nur das: Die Vorhaben, die die Start-ups dieses Jahr vorgestellt haben, haben die Science4Life Expertenjury ganz besonders überrascht. Denn die Teams haben sich intensiv mit den Herausforderungen unserer Gesellschaft auseinandergesetzt und innovative Geschäftsmodelle entwickelt, die unter anderem demographischen Wandel, Gesundheit und Klimaschutz adressieren. Die Gewinner des Science4Life Venture Cup heißen dieses Jahr: Nephrolytix. Beim Science4Life Energy Cup, der vom Land Hessen und Viessmann gesponsert wird, hat das Team der Airstier Technology GmbH abgeräumt. Digital Health war beim Science4Life Venture Cup besonders stark vertreten Die Digitalisierung nimmt insbesondere im Bereich Life Sciences einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Das zeigt sich auch in den Einreichungen – denn der Bereich Digital Health war am stärksten vertreten. Den ersten Platz des Science4Life Venture Cup sicherte sich Nephrolytix. Das Start-up aus Berlin entwickelt einen IVD-Test und eine digitale Plattform für das Nierenfunktionsmanagement. Mit unterschiedlichen Produktmodulen sollen aktue, mittel- und langfristige Nierenerkrankungen erkannt, vorhergesagt und verhindert werden. Platz 2 ging an RECTECH aus Dresden. RECTECH entwickelt Designer-Rekombinasen, die als Miniaturwerkzeuge Gendefekte hochpräzise korrigieren können. Damit eröffnet das Team neue Möglichkeiten, neuartige Heilungstherapien durch sichere und effiziente Genomchirurgie zu etablieren. GOETHE CVI aus Frankfurt am Main holte sich mit ihrer AI-gestützten, integrierten Softwarelösung Platz 3. Mit ihr kann der gesamte Prozess von Herzuntersuchungen von der Bildgebung über die Auswertung bis zur Befundung automatisiert werden. Damit wird die Untersuchung einfach, schnell und kann flächendeckend angeboten werden. Es folgt die LIDROTEC GmbH auf Platz 4: Das Start-up aus Bochum entwickelt und vertreibt eine Laserbearbeitungsanlage zur Vereinzelung von Mikrochips. Der kontrollierte Einsatz von Flüssigkeiten ist dabei einzigartig. Das Verfahren bietet ausgezeichnete Schnittqualitäten ohne Verunreinigungen und Kunden profitieren von signifikanten Kosten- und Ressourcheneinsparungen in der Halbleiterproduktion. EpiBlock aus Berlin entwickelt einen Genvektor, der epileptische Anfälle am Ort der Entstehung verhindern kann. Die schonende Einmaltherapie wirkt lokal begrenzt und verspricht dauerhafte Anfallsfreiheit für Patienten mit fokaler Epilepsie, bei denen bisherige Therapien regelmäßig versagen. Damit sicherte sich das Team Platz 5 des Science4Life Venture Cup. Die Plätze sechs bis zehn konnten sich InContAlert, die NanoStruct GmbH, die NEUREVO GmbH, PRAMOMOLECULAR und die ProSion GmbH sichern. InContAlert aus Bayreuth entwickelt ein Wearable, das Inkontinenzpatienten vor Erreichen eines kritischen Füllstands der Harnblase diskret warnt und damit unkontrolliertem Urinverlust vorbeugt. Die NanoStruct GmbH aus Würzburg stellt Biosensoren aus metallischen Nanostrukturen her – sie erkennen selbst kleinste Rückstande bestimmter Substanzen und sind dabei verlässlicher als bisherige Lösungen auf dem Markt. Das Team der NEUREVO GmbH aus München möchte Patienten mit ihrem Produkt bessere Therapiemöglichkeiten gegen schwerwiegende neurodegenerative Krankheiten wie ALS, Schlaganfall oder Parkinson bieten. PRAMOMOLECULAR aus Berlin entwickelt eine hochinnovative Klasse an Medikamenten, die krankheitsverursachende Proteine, z.B. Krebsproteine, in Lunge und Bauchspeicheldrüse effizient zum Schweigen bringen können. Patienten können so wirksame und gut verträgliche Therapeutika angeboten werden. Die ProSion GmbH aus Köln möchte es pharmazeutischen Unternehmen und akademischen Einrichtungen ermöglichen, systematisch Medikamente gegen schwer zu behandelnde Krankheiten zu entwickeln. Dazu bietet das Start-up eine Plattform für innovative pharmazeutische Bausteine, die effektiv zu potenziellen Medikamenten zusammengesetzt werden können. Klima- und Mobilitätswende sind Trendthemen beim Science4Life Energy Cup Beim Science4Life Energy Cup überzeugten die Gewinner mit durchdachten Lösungen im Bereich Elektromobilität und Ladeinfrastruktur. Platz 1 sicherte sich die Airstier Technology GmbH aus Hannover. Das Team entwickelt einen disruptiven Elektromotor und verbindet Motortechnik und Leistungselektronik mit einer algorithmenoptimierten digitalen Steuerung. Der bei E-Motoren üblichen Effizienz-Sweetspot wird durch die Technologie aufgelöst, was eine Energieersparnis von bis zu 50 Prozent ermöglicht. Mit ihrer Optimierungssoftware suena opt, belegt die suena GmbH aus Hamburg Platz 2. Die Software ermöglicht es, Großbatterien für mehrere Anwendungen zu nutzen und damit auf verschiedenen Märkten zu agieren. Dies hilft den Energieversorgern, flexibel auf die Marktsynamik zu reagieren und die Einbindung von erneuerbaren Energien zu erleichtern. Platz 3 ging an innocept aus Frankfurt am Main. Das Team möchte den stark stockenden Ausbau der Ladeinfrastruktur schnell und kostengünstig vorantreiben. Das intelligent gesteuerte Sharing von gewerblichen und privaten Ladesäulen ermöglicht dem Markt, bestehendes Potenzial optimal zu nutzen und dadurch hohe Investitionssummen zu sparen Neue Runde startet am 1. September 2021 Du hast eine Geschäftsidee und möchtest dein eigenes Business im Bereich Life Science, Chemie und Energie starten? Die neue Wettbewerbsrunde von Science4Life startet am 1. September 2021. Der Businessplan-Wettbewerb gliedert sich in drei Phasen: Ideen-, Konzept- und Businessplanphase. Du kannst dich für alle drei oder für einzelne Phasen bewerben.

Failure-Interview: Was war Ihr größter Fehler mit AlcaSynn, Herr Dr. Dr. Peter Kayatz?

14.06.2021

In aller Kürze: Was waren Geschäftsmodell und Vision von AlcaSynn Pharmaceuticals? AlcaSynn war ein Spin-off der Universität Innsbruck im Bereich der Medizinalchemie der Morphinane. Morphinane sind Substanzen, die dem Morphin strukturverwandt sind. Ziel war es, ein Schmerzmedikament zu entwickeln, welches stärker wirksam als Morphin, aber weitgehend frei von den für Morphin typischen Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit oder Verwirrtheit ist. Kommerzialisiert werden sollte die Entwicklung über das klassische Biotech-Geschäftsmodell: Entwicklung der Substanz bis zum Abschluss der klinischen Phase IIa, gefolgt von einer Auslizenzierung an BigPharma gegen Downpayments, Milestonepayments und Royalties. Wie ging es nach der Gründung weiter? Was waren die bedeutendsten Momente in der Unternehmensgeschichte? Einer der bedeutendsten Momente war sicherlich noch vor der Gründung als GmbH, als wir 2003 als erstes und vermutlich einziges österreichisches Team den Scienc4Life Venture Cup gewinnen konnten. Da "meine" drei Wissenschaftler auf einem wissenschaftlichen Kongress in Frankreich waren, war ich alleine in Frankfurt bei der Prämierung und Österreichs extra angereiste Handelsdelegierte wunderte sich beim Pressetermin nicht wenig, dass ich als geborener Leverkusener eher Kölsch als Tirolerisch sprach. Wann und was war der Höhepunkt in der Geschichte von AlcaSynn? Der Höhepunkt der AlcaSynn war zwei Jahre nach Gründung der GmbH erreicht, als wir im Sommer 2006 die börsennotierte Wiener Sanochemia Pharmazeutika AG als strategischen Partner gewinnen konnten. Zwar kostete der 12 Millionen Euro Deal in Form einer Abtretung von Anteilen, gemischt mit einer Kapitalerhöhung, die Mehrheit der Anteile (60 % für Sanochemia), aber dafür war scheinbar die Finanzierung der Entwicklung des ersten Entwicklungskandidaten bis zur Phase IIa gesichert. Es gab viel Medienberichterstattung: TV, Radio, Zeitung, viele Politiker, eine professionell organisierte Pressekonferenz mit viel Prominenz und tolle Bilder, die ich noch heute gerne ansehe. Tut der Seele doch gut, wenn man ehrlich ist. Was war Ihr größter Fehler? Wäre er vermeidbar gewesen? Mein größter Fehler war es wohl, den Einfluss der kulturellen Unterschiede zwischen Academia und Business auf den Erfolg eines Unternehmens unterschätzt zu haben. Daraus folgte dann der zweite Fehler, der unzureichenden Kommunikation mit dem Gründerteam über die persönlichen Ziele der einzelnen Teammitglieder, die sie mit dem Unternehmen erreichen wollen. Ohne, aus verständlichen Gründen, zu sehr ins Detail zu gehen, möchte ich einfach mal exemplarisch mögliche Interessen aufzählen, die Teammitglieder bei der Ausgründung eines Start-ups aus der Academia gehabt haben könnten: Ich möchte jetzt ein paar Jahre hart arbeiten, damit ich später soviel Geld habe, dass ich mich frühzeitig zur Ruhe setzen kann. Ich weiß, dass das Molekül Milliarden wert ist und will mich gleich zur Ruhe setzen. Ich möchte meine akademische Arbeit dadurch beflügeln, dass ich über ein eigens gegründetes Start-up Fördermittel erhalten kann, die nur in Kombination mit einem SME fließen. Ich möchte berühmt werden. Ich möchte Chef sein können. Ich finde Firmenauto, -kreditkarte und -reisen gut. Ich finde Titel mit "C" klasse (CEO, CFO, CSO, COO etc.). Ich denke, dass die Labore in Unternehmen deutlich luxuriöser sind als die an der Uni. Diese Liste kann sicherlich jeder, der jemals Mitglied eines akademischen Gründerteams war, ad infinitum ergänzen. In einer frühen Phase wäre möglicherweise noch eine entsprechende Angleichung der Interessen und Ziele oder zumindest der Erwartungen diesbezüglich möglich gewesen. Wenn man dann feststellt, dass die erwarteten Ergebnisse sich nicht oder nur unter Aufbietung großer Mühen einstellen, steigt der Frust doch sehr an. Das Aufeinanderprallen nicht ausgesprochener Erwartungshaltungen führt zu unschönen emotional geführten Diskussionen. Dann ist es sehr schwer, das Ruder noch mal herumzureißen. Hinzu kommt, dass ich nach meinem Biologiestudium in einer, wenn auch kleinen, aber doch in Bezug auf Werte und Kultur klassischen Unternehmensberatung sozialisiert wurde. Das heißt, dass es klare Verantwortungsbereiche, Prozesse und Anweisungen gab; dass überdurchschnittliche Leistung und Duldsamkeit einfach vorausgesetzt und "reportet" wurden. Ich kam dann als Externer ins Team, um dieses "zum Sieg zu führen". Da prallen dann schon mal preußische und bajuwarisch/habsburgische Mentalitäten aufeinander. Und ich kann nicht von mir behaupten, dass ich da einen Kantersieg wie 1866 in Königgrätz davon getragen hätte (lacht). Als Sie zum ersten Mal bemerkt haben, dass etwas nicht so läuft wie geplant – wie ist Ihr Team damit umgegangen? Es kam dann recht schnell zu einer "Frontenbildung". Ich bin mir sicher, dass jedes einzelne Teammitglied eine eigene implizite Agenda hatte, aber wie in der Politik auch, tun sich dann Fraktionen mit kompatiblen Interessen zu Koalitionen zusammen. Die Koalitionen sind zum einen dauerhafter Natur – sozusagen "natürliche Koalitionspartner" – können zum anderen aber in Bezug auf unterschiedliche Themenfelder aufbrechen und wechseln. Ich persönlich habe einerseits versucht, mich streng an meine Aufgaben und Verantwortlichkeiten als Geschäftsführer zu halten, wie sie im GmbH-Gesetz und in der Verfassung des Unternehmens festgeschrieben sind. Andererseits habe ich versucht, den Interessen der einzelnen Player weitgehend nachzukommen. Das klingt allerdings vernünftiger, als es ist. Denn es führt zu einer Ineffizienz, da nicht an einem Strang gezogen wird und die Unzufriedenheiten der Beteiligten nicht wirklich gelindert werden, da die gemachten Kompromisse meist nicht als ausreichend bewertet werden. Sie sind nun Teil des Science4Life-Expertennetzwerk und geben Ihre Erfahrung als Coach weiter. Wie helfen Ihnen gerade die negativen Erfahrungen dabei? Wenn ich als Coach mit einem Team arbeite, führe ich, wenn möglich, zu Beginn eine Art "Tiefeninterview" mit jedem Teammitglied. Hierbei versuche ich, in die tieferen Schichten der Persönlichkeit einzudringen, um zu verstehen, wie die Person tickt und welche persönlichen Ziele sie im Zusammenhang mit dem Start-up verfolgt. Das klingt esoterischer als es eigentlich daherkommt. Gerne ca. zwei Stunden im Café bei Kaffee und Hörnchen. Wenn die Ziele der Teammitglieder zu sehr voneinander abweichen, so ist das im Team offen anzusprechen. Weiter erlaubt es mir herauszubekommen, auf welche Befindlichkeiten ich als Coach im Umgang mit dem Team und den Einzelnen achten muss. Und nicht zuletzt hat das Ergebnis der Gespräche ggf. auch Einfluss auf die unternehmerische Strategie des Start-ups. Um ein einfaches Beispiel zu nennen: wenn ich ein recht homogenes Team von Gründern habe, die eine geregelten Tagesablauf, Urlaub, Familie und die Verbundenheit mit ihrem Heimatort hoch auf der Prioritätenliste ansiedeln, so brauchen wir keine Unternehmensentwicklung zu planen, die die Einwerbung von Risikokapital voraussetzt. So ein Team wird keinen VC-Investor finden, und wenn doch, werden entweder der VC oder das Team sehr unzufrieden werden, vermutlich aber beide. Welches zentrale Learning würden Sie am liebsten an jeden Gründer weitergeben? Nicht frei, sondern wörtlich nach Schiller: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet! Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.“ Bitte erzählen Sie uns noch kurz etwas über sich! Jahrgang 1966, bin ich in Leverkusen aufgewachsen und habe in Köln, Düsseldorf und Aachen Biologie mit dem Schwerpunkt Biochemie studiert. Nach meiner Promotion war ich in Berlin und München für eine auf Start-ups spezialisierte Unternehmensberatung tätig. Im Jahr 2002 kam ich nach Tirol, wo ich heute noch lebe. Von 2004 bis 2008 hatte ich die Geschäftsführung der AlcaSynn inne. Seit 2008 unterstütze ich unter meiner Marke "Waterbergh" Gründer innovativer Hightech-Unternehmen von der Ausgründung bis zum Verkauf des Unternehmens.

inContAlert., FibreCoat, DieEnergiekoppler und RECTECH gewinnen beim Science4Life TechSLAM

11.05.2021

It was a blast! Die Teams des Science4Life TechSLAM haben sich dieses Jahr so einiges einfallen lassen, um die Publikumsjury zu überzeugen. In vier Kategorien slamten unsere 20 Start-ups und hatten für ihren kreativen Pitch nur jeweils drei Minuten Zeit. Wir werfen einen Blick auf die Highlights des Abends. Witzig, spannend oder mitreißend mussten die Pitches sein, um das Publikum nicht nur mit einer guten Geschäftsidee, sondern auch mit Kreativität zu überzeugen. Und das waren sie! Das Start-up MentalStark slamte in der Kategorie Medizin und riss mit einer berührenden Geschichte vom unerfüllten Kinderwunsch das Publikum emotional mit. Besonders viel Wortwitz hatte der Slam von Clean Ocean Coatings zu bieten – mit dem Clownfisch Nemo und den bösen Haien als Protagonisten pitchte das Team ihre umweltfreundliche Beschichtung für Schiffe. Das Start-up FibreCoat bescherte dem Publikum hingegen einen hartnäckigen Ohrwurm, denn Teil ihres Pitches war die Sprachassistentin Alexa, die den Klassiker Ice Ice Baby von Vanilla Ice spielte. Mit einem besonders lyrischem Slam überraschte dann das Team von DieEnergiekoppler GmbH – in den drei Minuten, die die Bühne dem Start-up gehörte, reimte sich wirklich jedes Wort! Das sind die Gewinner des TechSLAM 2021 In der Kategorie Medizin gewinnt inContAlert. und in der Kategorie Material & Nachhaltigkeit konnte die FibreCoat GmbH die meisten Stimmen für sich gewinnen. DieEnergiekoppler GmbH holt sich den Sieg im Bereich Energie und RECTECH überzeugt in der Kategorie Pharma & Diagnostik. Wer die Slams verpasst hat oder sich seine persönlichen Favoriten nochmal ansehen möchte, findet alle Pitch-Videos auch in unserem Rückblick. Es geht noch weiter: Das sind die Programmpunkte für Mittwoch bis Sonntag Der Science4Life TechSLAM war nur eins von vielen Highlights der Science4Life TechWEEK, dem digitalen Festival für Start-ups. Noch bis 16. Mai 2021 können Interessierte die Gründenden auf ihrem Messestand besuchen. 70 Aussteller sind dieses Jahr dabei und geben Einblicke in ihre Unternehmen. Am Mittwoch pitchen die Investoren um die Gunst der Start-ups.  In der Science4Life TechLOUNGE können das eigene Netzwerk erweitert und neue Kontakte geknüft werden.  Die Anmeldung ist jederzeit unter https://science4life.expo-ip.com/ möglich, die Teilnahme ist kostenlos. Zum Programm: https://science4life.de/techweek/

Agiles Arbeiten und die digitale Transformation der Healthcare-Branche – Interview mit Tanja Rohark, CEO von Digital Chameleon

23.03.2021

Der Einsatz digitaler Technologien verändert den Gesundheitssektor in beispiellosem Tempo und bietet innovative Möglichkeiten, um bessere Ergebnisse im Gesundheitswesen zu erzielen. Warum die digitale Transformation im Healthcare-Bereich aktuell relevanter denn je ist, erzählt Tanja Rohark von Digital Chameleon im Interview. Die Gründerin der Strategieberatung für digitale Transformation im Gesundheitswesen kennt die Szene und gibt ganz persönliche Einblicke in ihre Motivation und die Herausforderungen von Healthcare Start-ups. Frau Rohark, warum ist gerade in Zeiten der Krise die Digitalisierung des Gesundheitswesens so relevant wie noch nie? COVID-19 und die daraus entstehende Krise betrifft alle Lebensbereiche. Gerade im  Hinblick auf Kapazität, Leistung und Kosten setzt sie das Gesundheitswesen unter enormen Druck. Eine allumfassende medizinische Versorgung für jeden Einzelnen muss auch in dieser Ausnahmesituation weiterhin gewährleistet sein und bedingt ein Umdenken und Akzeptanz bezüglich digitaler Lösungen im Gesundheitswesen. Um dem Druck und steigenden Kosten entgegenzuwirken, gilt es Prozesse mithilfe von Digitalisierung effizienter und letztendlich kostensenkender zu gestalten. Zum einem geschieht dies im Bereich der Telemedizin in Form von digitalen Medizinprodukten (SaMD) oder eHealth Plattformen und zum anderen ebenfalls in Form von digitaler Optimierung interner Abläufe innerhalb des Gesundheitswesens. So ermöglichen bestimmte digitale Medizinprodukte z.B. eine Messung, die zuhause vom Patienten selbst durchgeführt und mittels Datenübertragung anderorts empfangen und ausgewertet werden kann. Im stark regulierten Life Sciences-Bereich mit hoher Dokumentationspflicht entlasten digitalisierte Prozesse den Arbeitsalltag des Ärzte- und Pflegepersonals ungemein, sparen Zeit ein und erlauben ihnen, sich wieder stärker auf ihre Kerntätigkeit zu konzentrieren. Es gilt in dieser Krise die Chance für digitale Anwendungen zu erkennen und zu fördern.  Digitale Technologien spielen eine wichtige und bedeutende Rolle bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und durch die Krise ist eine Art Katalysator-Effekt auf die Digitalisierung entstanden. Welchen Wandel konnten Sie im Gesundheitswesen bisher beobachten und wie blicken Sie in die Zukunft? Der Ausnahmezustand der Pandemie hat, wie bereits angedeutet, zu einer Art Defreezing von eHealth und Digital Health in Versorgungsprozessen geführt. Viele tauen langsam auf, öffnen sich für digitale Tools und Technologien, etablieren digitale Prozesse – kurz: Die Akteure im Gesundheitswesen realisieren, dass eine Transformation im digitalen Healthcare Bereich stattfindet und es an der Zeit ist, umzudenken und umzudisponieren. Bessere medizinische Versorgung durch die Digitalisierung von Medizinprodukten, kürzere und optimierte Wege innerhalb der Organisation des Gesundheitswesens, multidisziplinäre Plattformen, die den Zugriff und Austausch von Daten zwischen der MedTech, BioTech und Pharmaindustrie vereinfachen und somit ein “connected digital Ecosystem” bilden und die Integration von IT Solutions sind zum “State of the Art” geworden und weiterhin im steten Wandel. Wir haben diesen Trend bereits früh erkannt und sehen hier die Chance, die Vorteile unserer agilen und innovativen Arbeitsweise als Best Practice unter Beweis zu stellen. Die Vereinigung von Business Prozess Excellence und Quality Management mit der Unterstützung von integrierten IT Solutions bildet für unsere Kunden ein essentielles Framework, um auf dem Markt bestehen zu können. Agile eQMS Lösungen, die zugleich prozessoptimiert und compliant sind, werden Teil der Wertschöpfungskette. Wie hat sich die Corona Krise auf Ihr Unternehmen ausgewirkt und welche Chancen haben sich dadurch für Ihr Start-up ergeben? Dank unserer agilen Arbeitsweise sind unsere Mitarbeiter mit allen notwendigen Tools ausgestattet und waren zu jedem Zeitpunkt trotz der aktuellen COVID-19 Situation voll einsatzfähig. Die flexible, adaptive und digitale Methodologie unseres Unternehmens ermöglicht es uns, unsere Kunden auch remote wertvoll, effektiv und vertrauensvoll zu betreuen. Unsere Projekte werden daher von der derzeitigen Entwicklung glücklicherweise nicht negativ beeinflusst. Wir haben die Zeit erfolgreich und effizient für unsere Innovationen genutzt und uns mit Elan und Kreativität den zukunftsweisenden Trends gewidmet. Unter Anwendung von Customer Journeys & Design Thinking konnten wir aus einem anfänglichen Mix aus Einzelprodukten ganzheitliche End-to-End Solutions für unsere Kunden entwickeln, um sie auf ihrer ganz individuellen “Digital Transformation” Reise als Gefährte zu begleiten. Zudem haben wir den Kontakt zu anderen Start-ups und Unternehmen vertieft und sind spannende und vielversprechende Kollaborationen eingegangen, die es uns ermöglichen unser Portfolio weiter auszubauen und Turn Key Solutions aus einer Hand zu liefern. Generell konnten wir unseren 360° Holistic Ansatz noch einmal vertiefen und auf das nächste Level bringen. Zum einen spiegelt sich das in unseren Produkten wider: Hier haben wir die Bereiche Qualität & Compliance mit Integrated IT Solutions eng miteinander verbunden, um somit Business Prozess Excellence zu erreichen. Zum anderen haben wir unsere Methodologie unter Berücksichtigung von digitalem Reifegrad, Unternehmenskultur und Prozesse unserer Kunden weiterentwickelt, um unsere Services und Lösungen maßgeschneidert auf ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Krise uns die Chance geboten hat, uns weiterzuentwickeln und zu wachsen. Das hat uns den nötigen Schwung verschafft, aus den “Start-up” Schuhen heraus zu wachsen und Digital Chameleon auf die nächste Stufe zu bringen. Was macht Ihr Unternehmen zu einem Start-up und welchen Herausforderungen mussten Sie sich zu Beginn stellen? Nach Jahren in verschiedenen globalen Unternehmenspositionen und Projekten im regulierten Life-Science und Gesundheitssektor, wollte ich ein Unternehmen gründen, das es in so einer Form in dieser Branche noch nicht gab und sich von Mitstreitern abhebt: Eine inhabergeführte Digital Health Strategy Advisory mit weiblichen CEO, die neue Wege in Quality & Compliance eröffnet, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Diese innovative Geschäftsidee und das hohe Wachstumspotenzial machen Digital Chameleon zu einem einzigartigen Start-up, das passend am Weltfrauentag 08.03.2019 von mir gegründet wurde. Neben den finanziellen Aspekt – Digital Chameleon ist ein eigenfinanziertes Start-up – war das Festhalten an der eigenen Idee und Vision von Beginn an die grösste Challenge. Der feste Glaube daran, dass die Digitalisierung im Healthcare Bereich unaufhaltsam und zukunftsweisend ist und immenses Potenzial birgt, die veralteten Prozesse aufzubrechen und zu transformieren, war mein Motor. Ich wollte es anders/ besser machen und den Markt von dieser neuen Methodik überzeugen. Bei Zweifeln, Gegenwind und Kritikern den Mut und einen kühlen Kopf zu bewahren und an meiner Vision festzuhalten, waren die größten persönlichen Herausforderungen. Wie schaffen Sie für Ihre Mitarbeiter ein modernes Arbeitsumfeld und welche Werte sind Ihnen dabei besonders wichtig? Um in dieser boomenden Industrie auf dem neusten Stand zu bleiben, braucht es eine dynamische Unternehmenskultur. Unsere Philosophie setzt auf Offenheit, Diversität und Agilität. Im Einklang mit unserem disruptiven Ansatz fördern wir die Andersartigkeit innerhalb unseres Teams, da sich aus verschiedenen Perspektiven, Persönlichkeiten und Erfahrungen neue spannende und kreative Ansätze ergeben. Digital Chameleon soll ein offenes, diverses und modernes Arbeitsumfeld darstellen, das es den Mitarbeitern ermöglicht, sich zu entfalten, entwickeln und ihre individuellen Talente zu fördern oder gar zu entdecken.  Deshalb war von Beginn an die Talentförderung durch kollegiales Coaching und individuelle und regelmäßige Weiterbildungen besonders wichtig für mich. In unseren Teams lernen Seniors und Juniors mit- und voneinander. Um das gesammelte Wissen und die gesammelten Erfahrungen unseres Teams effizient und nachhaltig zu nutzen, haben wir binnen des letzten Jahres ein internes Knowledge & Training Department aufgebaut, das allen Mitarbeitern Zugriff auf Golden Standards, Templates und Trainingsunterlagen bietet. Unter Agilität verstehe ich ebenfalls die Möglichkeit für unsere Mitarbeiter sich innerhalb des Unternehmens interdisziplinär zu entwickeln und ihr Potenzial bestmöglich einzusetzen. Als moderne und internationale Firma ist es mir wichtig, dass unsere Mitarbeiter selbst entscheiden können, wann, wie und wo sie arbeiten und dafür geben wir alles.  Wir glauben, dass diese Freiheit jedem Teammitglied hilft, seine Produktivität und Verantwortung zu steigern. Wir wollen das Talent unserer Mitarbeiter entwickeln und es nicht verwalten. Mitarbeiter haben unterschiedliche Lebensumstände, Biorhythmen und Präferenzen.  Deshalb geben wir jedem die Autonomie, seinen besten Service zu bieten. Für uns ist es eine echte Win-Win-Situation. Wenn unsere Mitarbeiter mehr Kontrolle über ihre Arbeitsweise erlangen, wird unsere Organisation reaktionsschnell und effektiv. Das Prinzip der Agilität ist in Ihrer Firma sehr tief verankert. Wie gelingt Ihnen die Umsetzung? Agiles Arbeiten ist für mich der Schlüssel zum Erfolg, sowohl mit Hinblick auf unsere Kunden als auch auf unser Team. Agilität ermöglicht ein exploratives und selbstgesteuertes Handeln. Es ermöglicht eine rasche Anpassung an stets wechselnde Begebenheiten und die sofortige Wahrnehmung von sich neu bietenden Chancen und lässt zugleich keine starren und trägen Strukturen aufkommen. Mir ist es wichtig, dass Agilität auch tatsächlich Tag für Tag innerhalb von Digital Chameleon gelebt wird. Deshalb versuche ich als bestes Beispiel voran zu gehen und integriere unser Prinzip WORK AGILE in all unsere internen Prozesse – egal ob Meeting Kultur, Handlungsprinzipien, Workshops, Business Canva Modelle oder Retrospektiven & Lessons learned. Es ist natürlich schwierig, diese Freiheit den Prozessen unserer Kunden anzupassen, aber aus unserer Erfahrung ist es nicht unmöglich. Wir kommunizieren offen mit unseren Kunden, wie wir unser WORK AGILE-Prinzip in das Projekt integrieren werden - natürlich immer angepasst an die Bedürfnisse und Bedingungen des jeweiligen Kunden. Um diesen Prozess zu optimieren und neue Wege, Methoden und einen solchen Change möglichst reibungslos und erfolgreich durchzuführen, haben unsere HR-Beauftragte und ich selbst eine Weiterbildung zum Change-Management Coach absolviert. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Prinzip der Agilität, das wir extern anwenden möchten nur funktioniert, wenn es auch tatsächlich intern gelebt wird. Wo liegen gerade für Healthcare Start-ups die Schwierigkeiten in der Gründung eines agilen Unternehmens? Oft werden die regulatorischen Anforderungen, die zu erfüllen sind, unterschätzt. Außerdem reicht die reine Dokumentation von Prozessen reicht nicht. Die Prozesse müssen tatsächlich gelebt werden. Zuletzt sollte ein teamübergreifendes Verständnis von Agilität geschaffen werden. Wann sollten Start-ups Ihrer Meinung nach, die Werte ihres eigenen Unternehmens definieren – gibt es dafür einen bestimmten Zeitpunkt?  Die Gründung eines Unternehmens setzt in jedem Fall eine klare Vision voraus, zu der auch die Unternehmenskultur gehört. Mir ist bewusst, dass das Formulieren von Unternehmenswerten klassischerweise bei der Unternehmensgründung “abgefragt” wird. Persönlich verfolge ich diesen Ansatz nicht unbedingt. Viel wichtiger als das Aufstellen von Werten, die z.T. fast wie “Gebote” wirken, finde ich es als Führungskraft die Werte, die ich mit Digital Chameleon verbinde, selbst vorzuleben. Ich bin der Auffassung, dass nur so eine organische und wahrhaftige Form der Unternehmenskultur entstehen kann. Mitarbeiter, die sich mit diesen gelebten Werten und der sich somit ergebenden Unternehmenskultur identifizieren können, werden automatisch dazu beitragen, diese mit aufzubauen und zu leben – ohne dass sie durch vordefinierte Werte diktiert wird. Die Gewichtung verschiedener Themen und Aspekte kann natürlich im Laufe der Unternehmensentwicklung variieren. Bei einem wachsenden Team stellen z.B. Themen wie Werte in Bezug auf Kommunikation oder Transparenz neue Herausforderungen dar. Wie bereits erwähnt, fördern wir die Andersartigkeit innerhalb unseres Teams und ich bin der festen Überzeugung, dass wie in allen anderen Lebensbereichen auch, Menschen mit gemeinsamen Werten und Visionen auf natürlich Art zusammenfinden und gemeinsam etwas Großes erschaffen können. Müssen sich Healthcare Start-ups intensiver mit ihren Werten auseinandersetzen als Start-ups aus anderen Branchen? Persönlich sehe ich die Herausforderung von Start-ups aus dem Healthcare Sektor im Vergleich zu anderen Branchen nicht unbedingt in der intensiveren Auseinandersetzung mit den eigenen Unternehmenswerten. Viel mehr sehe ich die Herausforderungen in den vielzähligen Beschränkungen, die das stark regulierte Feld im Gesundheitswesen mit sich bringt. Dazu zählen auch die erhöhten sicherheitsrelevanten Anforderungen (Data & IT Security) und der erschwerte Zugang zu fundierten Datenquellen, da die Nutzung von Gesundheitsdaten bestimmten Richtlinien unterliegt. Ihr Unternehmen wird überwiegend von Frauen getragen. Was können Sie Unternehmen empfehlen, um Arbeitsplätze für Frauen in der Tech-Branche attraktiver zu machen? Im Grunde genommen drehen wir bei diesem Thema wieder eine Schleife zur Unternehmenskultur. Sind Chancengleichheit und Gleichberechtigung ein fester Bestandteil der Firmenkultur und werden diese Werte ebenfalls vollends innerhalb des Unternehmens tagtäglich gelebt, wird dieses Unternehmen automatisch attraktiv auf potenzielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirken. Persönlich finde ich, dass gerade durch diese Unterscheidung manchmal das Thema “Chancengleichheit” untergraben wird, da Chancengleichheit und Gleichberechtigung Gender Neutrality eigentlich voraussetzen. Wie bereits erwähnt, ist Diversität innerhalb des Teams bei Digital Chameleon willkommen und diese umfasst weitaus mehr als nur das Geschlecht. Als Arbeitgeber finde ich es wichtig sich zu öffnen und Bewerbern gleichermaßen Chancen einzuräumen ungeachtet ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung, Lebensumständen oder anderen Faktoren. Welche Erfahrungen haben Sie als Gründerin in einem sehr männlich dominierten Tech-Umfeld gemacht? Zugebenermaßen bin ich selber als Frau innerhalb der Tech Branche auf sehr wenig Vorurteile gestoßen und habe kaum schlechte Erfahrungen gemacht. Etwas anders verhält es sich im Quality & Regulatory Bereich – dort heißt es manchmal einen kühlen Kopf bewahren und durch Know-How punkten, um Vorurteile aus dem Weg zu räumen. Welche 3 Tipps würden Sie angehenden Gründern aus eigener Erfahrung mit auf den Weg geben? Immer an seine eigene Vision glauben, auch wenn sie disruptiv ist und man mit Unverständnis konfrontiert wird. Keine Angst davor haben, traditionelle und statische Bereiche wie das Qualitätsmanagement revolutionieren zu wollen. Mutig sein und aufs Ganze gehen – nur so kann man seine ambitionierten Visionen verwirklichen. Offenheit für neue agile Arbeitsweisen, die den Mitarbeitern den Freiraum verschaffen ihre Talente bestmöglich einzusetzen und somit gemeinsam der Vision stetig einen Schritt näher zu kommen.   Über Tanja Rohark Tanja Rohark ist Gründerin der Strategieberatung Digital Chameleon. Das Start-up setzt sich für die digitale Transformation im Gesundheitswesen ein und verfolgt die Vision, mit innovativen Services den Umgang mit qualitätsrelevanten Themen zu revolutionieren. Dazu möchte das Team die statische Herangehensweise an das Qualitätsmanagement transformieren und eine agile, prozessorientierte und weitgehend papierlose Arbeitsweise zu etablieren.  

Das sind die Gewinner der Science4Life Konzeptphase 2021

02.03.2021

Clean Ocean Coatings, Diametos, EpiBlock, eye2you, FibreCoat, GOETHE CVI, Invitris, MentalStark, ProSion und RECTECH gewinnen in der Konzeptphase des Science4Life Venture Cup und DieEnergiekoppler, PipePredict und PV2Plus räumen beim Science4Life Energy Cup ab. Digital Health, virtuelle Energie-Kraftwerke und ein neuer Wirkstoff gegen Krebsproteine – die Gewinner der Konzeptphase stehen fest! Insgesamt wurden 81 Konzepte bei Science4Life eingereicht, davon knapp die Hälfte mit digitalen Geschäftsmodellen. Bei der digitalen Prämierung am 2. März 2021 wurden zehn Startups beim Science4Life Venture Cup und drei beim Science4Life Energy Cup ausgezeichnet. Einige der Gewinner sind sogar schon bekannt, denn sie waren auch schon bei der Ideenphase mit dabei. Das ist das Besondere am Science4Life Businessplanwettbewerb: Gründer können sich nur für einzelne oder für alle drei Phasen bewerben und ihre Ideen von der ersten Skizze bis zum fertigen Businessplan und Read Deck mit den Science4Life-Experten entwickeln. Gewinner in Life Sciences und Chemie – Digitale Diagnose und Miniaturwerkzeuge für Gendefekte Die Konzepte beim Science4Life Venture Cup zeichnen sich durch hochtechnologische Innovationen für die Diagnose und Therapie von Krankheiten aus. Darüber hinaus beschäftigen sich Teams wie Clean Ocean Coatings aus Berlin mit Lösungen gegen die Meeresverschmutzung. Das Start-up bietet eine umweltfreundliche Alternative zur umweltschädlichen Beschichtung von Schiffen, um zu verhindern, dass Tonnen von Mikroplastik und Bioziden ins Meer gespült werden. Ein Drittel der Menschheit leidet am sozialen Problem „Schnarchen“. Um die Erfolgschancen bei der Therapie zu erhöhen, arbeitet die Diametos GmbH aus Potsdam an einem System zur Ursachendiagnose mittels Künstlicher Intelligenz. EpiBlock aus Berlin entwickelt einen Genvektor, der mit einer einmaligen minimalinvasiven Applikation fokale epileptische Anfälle dauerhaft verhindern soll. Die eye2you GmbH aus Tübingen möchte dem Sehkraftverlust durch vermeidbare Augenerkrankungen vorbeugen. Die Lösung des Teams ermöglicht zuverlässige Routinecheckups der Netzhaut mittels Künstlicher Intelligenz, die die Vorsorge einfacher, schneller und günstiger verfügbar machen. Hochleistungswerkstoffe bieten herausragende Eigenschaften, sind aber nur für wenige Anwendungen bezahlbar. Um diese Werkstoffe der breiten Masse verfügbar zu machen, hat die FibreCoat GmbH aus Aachen ein patentiertes Verfahren entwickelt, das den Preis dieser um 90 Prozent reduziert. Mit der KI-gestützten Softwarelösung von GOETHE CVI aus Frankfurt am Main wird der gesamte Prozess von Herzuntersuchungen mittels Magnetresonanztomographie automatisiert – die Untersuchung ist einfach, schnell und kann flächendeckend angeboten werden. Durch einen neuen therapeutischen Ansatz für Kliniken möchte Invitris aus München ein System zur zellfreien Expression von Bakteriophagen entwickeln. Damit sollen personalisierte Therapien für Patienten mit chronischen, resistenten, bakteriellen Infektionen angeboten werden. Die Plattform von MentalStark aus Frankfurt am Main bietet Frauen und Paaren psychologischen Support bei unerfülltem Kinderwunsch und hilft, den eigenen Körper, sich selbst sowie den Wert der Partnerschaft wertzuschätzen. ProSion aus Köln entwickelt eine Plattform für innovative pharmazeutische Bausteine, die effektiv zu potenziellen Medikamenten für noch nicht behandelbare Krankheiten zusammengesetzt werden können. Die meisten genetisch-bedingten Erkrankungen sind nicht heilbar, so dass Patienten dringend neue Therapien benötigen. RECTECH aus Dresden entwickelt Designer-Rekombinasen, die als Miniaturwerkzeuge Gendefekte hochpräzise korrigieren können. Gewinner mit Energie – Digitale Zwillinge und künstliche Intelligenz Beim Science4Life Energy Cup, der von Viessmann und dem Land Hessen gesponsert wird, beschäftigen sich die Teilnehmer mit neuen Technologien für die Energiewende. DieEnergiekoppler GmbH aus Dresden liefert ein standardisiertes und hoch automatisiertes Flexibilitätswerk, das die wirtschaftliche Vernetzung und einen optimierten Betrieb bis zur Kleinstanlage sicherstellt. Auf Basis einer KI-basierten Steuerbox wird der Betrieb der Energieanlage unter Berücksichtigung von Strom, Wärme und Mobilität optimiert. Durch die Lösung der PipePredict GmbH aus Darmstadt können Rohrnetzbetreiber, z.B. bei Fernwärme oder Industrieparks, den Zustand ihrer vergrabenen Rohre erkennen. Das Team ermöglicht damit die Lokalisierung von Leckagen und die Vorhersage von Rohrbrüchen durch die Analyse bestehender Sensordaten mittels eines digitalen Zwillings und Künstlicher Intelligenz. Um den Klimawandel aufzuhalten, muss die Produktion von Solarzellen rasant auf ein Vielfaches ansteigen. Dabei wird die Nutzung von Silber für die elektrischen Kontakte rasch zum Flaschenhals. Um dieses Problem zu lösen, hat PV2Plus aus Freiburg für Hersteller von Solaranlagen gezielt ein kostengünstiges patentiertes Galvanikverfahren entwickelt, um Silber- durch Kupferkontakte zu ersetzen. Jetzt für die Businessplanphase bewerben: Einsendeschluss 23. April 2021 Es geht auf die Zielgerade bei Science4Life: Die Businessplanphase hat begonnen. Start-ups können sich bis 23. April bewerben und die Teilnahme an den Academy Days gewinnen. Die fünf besten Teams des Science4Life Venture Cup und die drei besten des Science4Life Energy Cup werden zum intensiven Coaching und Präsentationstraining eingeladen. Gemeinsam mit Branchen-Experten wird das Geschäftsvorhaben analysiert und optimiert – bis der Plan perfekt ist. Dieses Jahr neu: Alternativ zum Businessplan kannst Du auch ein Read Deck einreichen. Jetzt online registrieren!